Lexikon   G - L 

 

 

 

Ich - Anhaftung

 

> Ich - Anhaftung und Überwindung des Ego  

Häufig wird das Überwindung der Ich-Anhaftung oder des so genannten Ego missverstanden. So als ginge es darum, das eigene Ich abzuschaffen. Auch der Dalai Lama sagte einmal bei einer Belehrung, es bedürfe eines starken Selbstbewusstseins, um altruistisch zu handeln und andere vor sich selbst zustellen. Aber zuerst einmal die Frage, wie die buddhistische Lehre, die sich ja in verschiedene Sichtweisen je nach Erkenntnisstufe unterscheidet, die Existenz eines Ich untersucht, analysiert und akzeptiert.

Ich - relativ gesehen: JA

Kein Gelehrter der buddhistischen Sichtweise würde die Existenz eines relativen, in Bezug auf die einzelnen Komponenten (Form, Empfindung, Unterscheidung, gestaltende Wirkkräfte und Bewusstsein, auch genannt die fünf Aggregate) zu betrachtendes und somit vorhandenen Ichs abstreiten. Ganz im Gegenteil. Diese Tatsache wird als „relative Wahrheit“ anerkannt. Insbesondere in der Schule der Shravakas oder der sog. „Hörer“ ist diese Sichtweise ein zentraler Punkt der Betrachtung eines Ich.  

Der Gelehrte Tzongsar Khyentse Rinpoche nennt dieses Ich das "Blose Ich", das benötigt wird, um überhaupt zu kommunizieren. Man könnte es vergleichen mit dem eigenen Gesicht, das ja an und für sich auch kein Problem ist. 

Dieses „Ego“ oder "Blose Ich" ist nun  wirklich nicht das Problem an und für sich, um das es aus buddhistischer Sichtweise geht. Natürlich braucht es des Egos, des Ichs, um in dieser Welt überhaupt zuexistieren, das streitet kein ernstzunehmender buddhistischer Lehrer ab. Vielmehr geht es um die Nicht-Erkennung des Ego als das, was es tatsächlich ist.  Nämlich ein zusammengesetztes, abhängiges, nicht dauerhaftes Phänomen.  

Damit haben die nicht erleuchteten Wesen zu kämpfen, darunter leiden sie.     

 

Ich - absolut gesehen: NEIN
Was allerdings die absolute Sichtweise oder die „absolute Wahrheit“ betrifft, so gibt es dieses Ich, aus buddhistischer Sicht, tatsächlich nicht. Wo auch? Das Ich wie wir es wahrnehmen ist eben nur ein zusammengesetztes, von seinen einzelnen Komponenten abhängig existierendes Phänomen, siehe oben. Darum auch letztendlich vergänglich und nicht dauerhaft existent, genau wie jede zusammengesetzte Form wie 1. dieser Körper, 2. jedes Gefühl, das kommt und geht, 3. jede Unterscheidung, also Etikettierung 4. jeder Impuls, der aus vergangenen Handlungen entsteht und 5. jeder Bewusstseinsimpuls, egal ob aus den fünf Sinnesbewusstsein oder dem Geistbewusstsein geriert.

Ergo, etwas, das absolut gesehen nicht existiert kann auch absolut gesehen nichts hervorbringen, dass ein Ich sein könnte. Spitzfindig vielleicht, aber dafür sind buddhistische Logiker ja berüchtigt, dass sie alles bis ins kleinste Detail erforschen.
Problematisch ist, dass dieses Ich ein hartnäckiger Selbstläufer ist und sich für tatsächlich existent hält. So isses halt, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Wenn wir beim groben Beispiel des Vergleichs mit dem Gesicht bleiben:  

Das Gesicht ist wie das blose Ich, sobald man das Gesicht im Spiegel sieht, beginnt die Identifizierung mit diesem Gesicht und dann beginnt das Problem. Schön, hässlich, faltig, alle Benennungen  werden auf das Abbild projiziert, haben mit dem Gesicht jedoch nichts mehr zu tun.

 

Ich - ein geistiges Produkt
  In der Madyamaka Schule des sogenannten Mittleren Weges wird dieses "Ich" noch ausführlicher und tiefgründiger als eine Reaktion des Geistes auf das „Nichterkennen der leeren Natur des Geistes selbst“ erklärt. „Geist“ (wie man dieses Kontinuum nun mal eben konzeptuell benennen mag) missversteht seine eigentlich leere Natur, diesen Raum, und benennt diese als ein subjektiv empfundenes „Ich“. Die vielfachen Erscheinungen, die Phänomene,Gedanken, Bilder die beständig in diesem Geist als mögliches Potential seiner Klarheit erscheinen, werden getrennt von diesem Geist erfahren und so als objektive "andere" missinterpretiert.
 

Ich - Gefangen im Kreislauf der Verwirrung
Diesen Vorgang, diese Verwirrung nennt die buddhistische Lehre schlichtweg die"fundamentale Unwissenheit". Und mit der müssen sich nun mal alle Wesen rumschlagen, solange sie nicht „erleuchtet“ sind. Sobald dann die Anhaftung wie zum Beispiel die starke Emotion „Begierde“ ins Spiel kommt, nimmt  dieser Vorgang Gestalt an in einer Form, z. b. (wenn man einigermaßen gutesKarma hat) als menschliche Geburt. Damit verfestigt sich der Eindruck der Ich-Anhaftung noch stärker. Dann kommt noch Schneider oder Spille oder Schmidt als Namen und Biografie ins Spiel und die ganze Sache bekommt einen Drall ins Kreishafte. Wobei man schließlich im so genannten „Kreislauf der Existenzen“angelangt ist.

Ich - Doch andere sind wichtiger

Okay, das war jetzt fürwahr eine sehr kurze und ungenügende Darlegung, wie die buddhistische Lehre die Sache mit der Ich-Anhaftung definiert. Dürfte aber reichen, um aufzuzeigen, dass der Buddhismus durchaus das Vorhandensein eines Ichs, relativ gesehen, als stimmig akzeptiert und nicht ablehnt. Sonst würde der Buddhismus nicht beständig predigen, Mitgefühl zu kultivieren. Genau damit appelliert diese Lehre ausdrücklich an das relative Ich. Und nicht so sehr an das Nicht-Ich, wie manche denken.
Es geht schlicht darum, die für andere Wesen oder „Ichs“ schädlichen Tendenzen der Ich-Fixierung zu überwinden und eine altruistische Haltung zu kultivieren. Zu erkennen, dass da auch noch andere als man selbst auf der Welt sind. Und dafür braucht man ein, relatives, Ich, sonst kann man kein Du erkennen.

 

 

 

Karma - Ursache und Wirkung 

 

>Karma heißt übersetzt zuerst nur „Handeln“ im Sinne von Tun. Im buddhistischen Kontext  heißt es auch „Die Tat und ihre Auswirkung“. Ganz knapp ausgedrückt  mit den Worten eines alten indischen Meisters aus dem 10. Jahrhundert „Willst du wissen, was du in früheren Lebzeiten gesagt und getan hast und welche Motivation du hattest, betrachte dein gegenwärtiges Leben. Willst du wissen, wie du zukünftig Leben wirst, betrachte genau das, was du heute tust, sagst und denkst“. (Shantideva).

Karma - Nicht Schicksal sondern Ereignis

Karma ist in erster Linie ein bedingtes Entstehen, ein Ereignis, das auf Ursache und Wirkung beruht. Wir sehen häufig in unserem Leben, wie uns Dinge widerfahren, die wir selbst "verschuldet" oder verursacht haben. Wenn wir aber einen Unfall oder etwas anderes unvorhersehbares erfahren, sprechen wir im westlichen Denken von "Schicksal, Glück oder Pech". Das buddhistische Denken begnügt sich nun nicht mit solchen Floskeln, die uns letztendlich nicht helfen oder uns in eine fatalistische Haltung werfen. Als Buddhist geht man schlicht und einfach davon aus, das alles, was uns wiederfährt nur eine Auswirkung unseres eigenen heilsamen, unheilsamen oder neutralen Tun, Sagen oder Denkens ist.

Karma - Nicht Strafe, Belohnung und Sühne sondern logische Konsequenz

Für die meisten Menschen ist es nachvollziehbar, dass negatives Tun negative Konsequenzen zur Folge haben. Ebenso verhält es sich mit positivem.Viele jedoch vollziehen diesen Denkschritt nicht, wenn es darum geht zu erklären, wie sich "Schicksalsschläge" wie ein Unfall oder "Glückssträhnen" wie ein Lottogewinn erklären lassen. Für Buddhisten sind dies schlicht und ergreifend ebenfalls nur Auswirkungen aus karmischen Zusammenhängen. Und deshalb nicht als "Strafe" oder"Belohnung" anzusehen sondern nur gereifte Zustände aus eigenem Handeln, Denken und Sprechen aus früheren Zusammenhängen, selbst wenn diese uns nicht mehr nachvollziehbar sind.

 

Karma -Mitgefühl ohne Gefühlsduselei
Für Buddhisten ist Karma eher vergleichbar mit einem "Naturgesetz", dem sich jedes Wesen in der relativen Erscheinungswelt zu stellen hat. Menschen,die ein überbordendes Mitgefühl haben, das auf mangelnde Einsicht in die Dinge, wie sie wirklich sind, basiert, bekommen mit diesem Denken schnell ein großes Problem. Sie denken, dass die buddhistische Sichtweise mitleidlos, kalt und herzlos ist. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Aus der Einsicht, dass sich die Wesen ihr Leiden selbst erschaffen und  nicht irgendwelche unerklärlichen Umstände zuständig sind, lässt tiefes Mitgefühl beim >Bodhisattva entstehen. Dieser weiß aber durchaus, wie dieses Leiden entstanden ist und kann dementsprechen handeln, ohne sich in selbstgefälligem Mitleidsaktionismus zu ergehen, wie es häufig zu beobachten ist. Mitgefühl ist nicht Mitleid. Mitgefühl beruht auf Weisheit. Und Weisheit entsteht aus Einsicht in die komplexen Zusammenhänge, wie die Dinge miteinander verbunden sind.

 

 

Kostbarer Menschenkörper 

 

> Als Mensch geboren zu werden ist, nach buddhistischem Verständnis, an sich schon eine äußerst seltene Sache. Und geboren werden wir alle irgendwann, an dieser Tatsache führt nun mal kein Weg vorbei. Man muss nur schauen, wie viele Lebewesen in einer Handvoll Erde herumwuseln (die sämtlich alle die so genannte >Buddhanatur haben). Auf einem Eimer voll Erde sind grob gerechnet 100.000 Kleinstlebewesen versammelt. Eine Einwohnerzahl von Villingen-Schwenningen. Allein die Zahl der Ameisen weltweit übersteigt die der Menschen um das 100-fache. So kann man sich vorstellen, wie leicht es ist, als Maus, Wurm, Termite oder sonst was geboren zu werden. Und wie selten die menschliche Geburt im Vergleich dazu ist. Betrachtet  man darüber hinaus nur die Anzahl der Menschen, die unter Bedingungen geboren werden, die ihnen genügend Freiheiten und materiellen Wohlstand garantieren, so schmilzt diese mögliche Zahl an günstigen menschlichen Geburten  noch mal erheblich. Nur rund 10 Prozent der 6,5 Milliarden Menschen leben in einem Wohlstand wie wir Deutschen. Und von diesen sind wiederum nur ein Bruchteil bereit, ihr Leben mit mehr als nur Karriere oder Freizeitvergnügen zu bestreiten. Wer Vertrauen zum Dharma und insgesamt zu den >Drei Juwelen hat, der hat schließlich eine kostbare menschliche Geburt erlangt

 

 

Lama 

 

> Die tibetische Übersetzung des Sanskrit Begriffs Guru. Ein Titel, der unter ganz bestimmten Bedingungen verliehen wird. Traditionell nach dem Abschluss eines intensiven Drei-Jahres Retreats. Lama heißt wörtlich übersetzt so viel wie "hohe Mutter".

 

Leere - Siehe Shunyata

 

 

Lernen, Nachdenken, Meditation 

 

Die drei "Weisheitswerkzeuge" des Buddhismus. Lernen bedeutet das Aufnehmen von Lehren des Buddha durch mündliche Überweisungen und Studium der Schriften, um die Unwissenheit zu überwinden. Dieses Gelernte muss allerdings durch sorgfältiges Nachdenken in den eigenen Bewusstseinsstrom so überführt werden, dass daraus eine klare Überzeugung entsteht, ohne in ein gläubiges Nachplappern zu münden. Durch anschließende >Meditation wird dann >Erfahrung  gemacht